Vereinsausflug nach Kelheim

Die Abteilung Fitness und Prävention des TVM hatte sich für ihren Sommerausflug ein echt bayerisches Ziel vorgenommen:

Teilnehmer aus gleich vier Abteilungen unter Leitung von Micon Kreft steuerten die frisch renovierte Befreiungshalle oberhalb von Kelheim an, verbunden mit einer Bootsfahrt auf der Donau nach Kloster Weltenburg. Das zeitlich und kulturell durchaus anspruchsvolle Programm brachte einen ganzen Bus voller Mitglieder zusammen. Und so ganz nebenbei erfuhren diese noch eine ganze Menge über die älteste Benediktinerabtei Bayerns und ihre beeindruckende Barockkirche, die von den Brüdern Asam ausgestaltet wurde, aber auch, woher die bayerische Fahne mit ihren beiden Farben weiß und blau kommt.

Los ging es nach zweistündiger Busfahrt am Donauufer in Kelheim mit dem Schiff Richtung Kloster, erste interessante Erläuterungen während der Fahrt im Donaudurchbruch widmeten sich dem alten Rhein-Mai-Donau-Kanal mit seinen mehr als 100 Schleusen (heute sind es noch deren 16). Gebraucht wurde dieses Wissen später, am Fuße der Befreiungshalle im Zusammenhang mit der Frage, wie denn die rund 100 Tonnen schweren Fundamentsteine von den rund 100 Steinbrüchen zum Bauplatz in luftiger Höhe gebracht werden konnten: per Schiff eben und in mühsamer Handarbeit.

Viel Wissen war gepackt in diese Reise: Schon in der Klosterkirche (Bauzeit 1714-1716) konnten Interessierte erfahren, dass die Zahlen 3 und 4 in immer wieder neuen Zusammenhängen des Sakralbaues eine wichtige Rolle gespielt hatten.

Die Klosterkirche ist dem hl. Georg geweiht, dem Drachentöter, und dieser thront nicht nur zentral in der Apsis, sondern ist auch noch von einem ganz besonderen (natürlichen) Lichtkonzept in Szene gesetzt. Ähnlich wie ganz oben, unter der Kuppel, wo sich die Kirchengestalter selbst verewigten. Die Brüder Asam, Cosmas Damian Asam (1686–1739) und Egid Quirin Asam (1692–1750), waren als Bildhauer, Stuckateure, Maler und Architekten tätig, die auf getrennte Rechnung, aber meist gemeinsam vor allem in Süddeutschland gearbeitet haben. Sie gehören zu den wichtigsten Vertretern des deutschen Spätbarocks.

Ganz besonders spannend war natürlich die Befreiungshalle auf dem Michelsberg. Die von König Ludwig I. in Auftrag gegebene Gedenkstätte für die siegreichen Schlachten gegen Napoleon in den Befreiungskriegen 1813 - 1815 wurde von Friedrich Gärtner in Anlehnung an antike und christliche Zentralbauideen begonnen und 1863 von Leo von Klenze nach geänderten Plänen vollendet. Die beiden Führerinnen Heike Hopfinger und Maria Rossbauer (die Größe der Gruppe machte eine Teilung notwendig) wussten viel zu erzählen über die Finanzierung (den oberen Teil der Halle musste der König aus Privatmitteln bestreiten, weshalb hier kaum noch Natursteine zum Einsatz kamen, sondern viele Ziegel – an denen wiederum Architekt Klenze glänzend verdiente) und Ausgestaltung. So ist beispielsweise die Form der kleinen Zehen der Siegesgöttinnen im Innern immer wieder unterschiedlich, die Damen selbst wiederum entsprechen dem damaligen Schönheitsideal: weiß und durchaus gut genährt. Die Strebepfeiler der Außenfassade bekrönen 18 Kolossalstatuen als Allegorien der deutschen Volksstämme. Die Zahl 18 versinnbildlicht auch das Datum der Völkerschlacht bei Leipzig (18.10.1813), an dem die Truppen Napoleons von der Koalition vernichtend geschlagen wurden. Dabei ist es alles andere als einfach, auf ein 18-eckiges Fundament stimmig einen Rundbau zu setzen und das ganze aus der Ferne auch noch so aussehen zu lassen wie einen reinen Natursteinbau. Schön zu sehen ist momentan noch das kaum verwitterte Farbenspiel, mit dem der Architekt dies zu erreichen sucht, weil der Anstrich noch ganz frisch ist.

Maria Rossbauer erwies sich dann aber auch noch als prägnante, schlagfertige und kundige Stadtführerin in Kelheim selbst, wobei sich die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Fußmarsch durch die Gassen doch stärker reduzierte angesichts des umfangreichen Programms. Kelheim liegt am einzigen mittelalterlichen Donauübergang zwischen Ingolstadt und Regensburg. Wichtige Straßen, die von Handwerken ihren Namen haben, kreuzen sich im Zentrum, es gibt zwei Rathäuser beachtlichen Alters (das ältere mit Baujahr 1519). Seit der Altsteinzeit leben Menschen in der Kelheimer Gegend, Kelten und Germanen, Römer und Bajuwaren haben hier Spuren hinterlassen. Im Mittelalter erlebte die Stadt eine Blütezeit. Mittelalterliche Stadttore, verspielte Renaissancefassaden, der alte Kanalhafen aus dem 19. Jahrhundert, Kapellen und Kirchenruinen, um die sich Legenden ranken: Kelheims Straßen halten viele Geschichten bereit für den, der sich die Zeit nimmt, sie zu entdecken.

Kurioserweise gibt es trotz viereckigen Grundrisses nur drei Stadttore und die Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt liegt am Ostrand des Stadtkern. Der Grund: Von dieser Seite schützte über Jahrhunderte hinweg ein sehr sumpfiges Gelände den Ort und die jetzige Pfarrkirche war früher das einfache Gotteshaus des großen Bauernhofs, der sich im Sumpfland sein Auskommen suchen musste. Die Führerin hatte für die Gruppe trotz der Kürze der Zeit aber noch zwei richtige Schmankerl parat: Die älteste noch existierende Weißbierbrauerei Bayerns, das „Weisse Brauhaus“ und einen tiefen Blick in die Historie Bayerns mit der Erklärung, wo denn das „Weiß-Blau“ der Fahne herkommt. Beim Brauhaus gab es Bier zwar nur von außen zu sehen, mehr ließ die Zeit leider nicht zu, aber immerhin konnte die Gruppe noch einen Blick in den tief verborgenen Biergarten der heute der Firma Schneider Weisse (München) gehörenden Braustätte und die alten Gewölbestrukturen der Schankstätte werfen. Von da waren es nur wenige Schritte bis zur Tür einer Kapelle, vor der sich bayerische Geschichte abspielte: Anno 1231 wurde hier Herzog Ludwig I. von einem Narren erstochen – er war wohl den anderen Mächtigen zu mächtig geworden. Die Frau des Wittelsbachers war die böhmische Gräfin Ludmilla gewesen und über sie kamen die Farben weiß und blau in die bayerische Geschichte. Die Ottokapelle wierderum wurde von Ludwigs Sohn Otto in Erinnerung an seinen Vater erbaut oder besser umgebaut, direkt neben ihr stand früher ein Stadttor, durch das Herzog Ludwig I. geritten kam vor dem tödlichen Stich.

Im Bus gab es für alle, die nicht mehr an dieser Führung teilnehmen konnten oder wollten, einen kurzen Abriss von deren Inhalt. Und es gab viele Lobesworte und dankbaren Applaus für die Organisatorin Micon Kreft, auch von den beiden mitgereisten Vorsitzenden Ina Bader-Schlickenrieder und Andreas Widmann.

Artikel: Anton Schlickenrieder